Es gibt keinen fairen Kapitalismus!

Klassenkampf statt Illusionen in eine gerechte, vernünftige Umverteilung!

Am 29. September 2012 ist der nationale Aktionstag eines breiten Bündnisses, das sich für eine gerechtere Umverteilung des vorhandenen Privatvermögens der Reichen einsetzt. Die Zusammenfassung der Ziele des Bündnisses ist:

„ Es gibt einen Ausweg aus der Wirtschafts- und Finanzkrise: Umverteilung “
– http://umfairteilen.de/start/unterstuetzen/

Dabei wird behauptet, dass eine Umverteilung sowohl die Finanzkrise als auch die Unterfinanzierung der Kommunen beenden kann. Das Bündnis zählt die moralischen Kritiker der Kirche, den Paritätischen Wohlfahrtsverband, den gesamten Gewerkschaftsapparat, Teile der SPD, der Grünen und der LINKE zu seinen Unterstützern. Dieser bunte klassenübergreifende Mischmasch möchte nun, dass es einen gerechteren, vernünftigeren Kapitalismus durch Umverteilung des Reichtums von oben nach unten geben soll.

Die systematische Umverteilung von unten nach oben ist das Herzstück kapitalistischer Politik. Das war in den letzten 30 Jahren besonders deutlich. Höhepunkt dieser Umverteilung war die Agenda 2010, die von Seiten der damaligen Rot-Grünen-Regierung vorangetrieben wurde und zu einer massiven Verarmung der ohnehin schon schlecht dastehenden Arbeitslosen, Rentner und Jugendlichen ohne Jobs führte. Auch die Einführung und der stetige Ausbau eines Niedriglohnsektors führte zu einem sozialen Niedergang von Teilen der Arbeiterklasse. Diese Angriffe des Kapitals sind erfolgreich gewesen, da die Führung der Gewerkschaften sich geweigert hat, effektive Widerstandsmaßnahmen der Arbeiter auch nur in Betracht zu ziehen. Deshalb ist es auch heute noch Aufgabe von klassenbewussten Arbeitern, für die Verteilung der Arbeit auf alle Hände einzutreten. Konkret bedeutet das, dafür zu kämpfen, die Arbeitszeit ohne Lohnverlust zu verkürzen. Ein solcher gemeinsamer Kampf von Arbeitern und Arbeitslosen für ein gemeinsames Ziel kann die paralysierende Spaltung der Arbeiterklasse überwinden. Die Organisierung der Arbeitslosen für diesen Zweck ist unumgänglich.

Man kann wie das Bündnis „UmFAIRteilen“ eine moralische Kritik gegen die Politik von Lohnraub und Sozialabbau entwerfen. Dieser stimmen mit Sicherheit ein Großteil der Lohnabhängigen zu, aber wer glaubt, eine Vermögenssteuer oder ein höherer Spitzensteuersatz könnte die Schuldenkrise stoppen, hat den Charakter des Kapitalismus nicht verstanden. Die aktuelle Krise geht an die Wurzeln des kapitalistischen Systems und kann nicht durch kosmetische Korrekturen beseitigt werden.

Was sagt die Kampagne sonst noch? Auf den ersten Blick richtet sie sich gegen die 1-2 % der Reichen in Deutschland. Ein genauerer Blick verrät jedoch, dass es dem Bündnis nicht darum geht, für eine gerechte Gesellschaft zu kämpfen. Das wird besonders deutlich in den Forderungen nach fairer Teilung. Dabei wird klar akzeptiert, dass die Lohnabhängigen einen Teil der vom Kapital verursachten Schulden bezahlen sollen. Wer das für FAIR hält, möchte den Kapitalismus reformieren, damit sein Fortbestand gesichert wird. Im Bündnis treffen Reformisten zusammen, die sich entsprechend Sorgen um die bürgerliche Demokratie machen, die jedoch die Klassengesellschaft an sich – also die Existenz von Lohnarbeit und Kapital, die Ausbeutung der Ware Arbeitskraft – nicht infrage stellen. Wir haben nichts dagegen, dass die Bourgeoisie mehr Steuern zahlt, aber solange die Bourgeoisie auch kontrolliert, was mit dem Geld passiert, und das ist nun mal das Wesen des bürgerlichen Staates, wird auch dieses Geld im Interesse der herrschenden Klasse eingesetzt.

Wahlhelfer für die SPD

Für die Gewerkschaftsbürokratie ist diese Aktion nichts weiter als ein Teil der Wahlkampagne für die SPD zur Bundestagswahl in einem Jahr. Deshalb wird versucht, alle Lösungsvorschläge in den Rahmen der parlamentarischen Demokratie zu stellen.

So wird behauptet, das potentiell einzusammelnde Geld würde für soziale Einrichtungen, wie Kitas, Bibliotheken oder zur Sanierung von Schulen aufgewendet werden. Woher kommt diese Annahme? Von welcher möglichen Regierung oder Regierungskoalition nimmt das Bündnis an, es würde mehr Einnahmen in soziale Einrichtungen und nicht in erster Linie in die Aufgabe stecken, die Interessen des deutschen Kapitals auf dem Weltmarkt zu wahren? Die Aussage, Mehreinnahmen würden den Lohnabhängigen zu gute kommen, wie es die UmFAIR-Kampagne beschreibt, schürt nur die Illusion, eine erfolgreiche Kampagne kann im Tandem mit den Politikern erbettelt werden. Soziale Einrichtungen, von denen Millionen von Leuten einen Nutzen ziehen, müssen durch Protest- und Streikaktionen der Arbeiter und Benutzer verteidigt werden. Ob öffentliche Einrichtungen ausgebaut oder geschlossen werden, ist weniger davon abhängig ob „genug Geld“ vorhanden ist, sondern vielmehr davon, zu wessen Gunsten das Ringen zwischen Arbeitern und Kapitalisten ausgeht. Die Sanftheit der aktuellen Kampagne ist ein Ausdruck der Schwäche der proletarischen Position.

Bei reformistischen Kampagnen, die auf Unterschriftenlisten und symbolischen Protest setzen statt auf Klassenkampf, können die Genossen von Marx21 oder der Sozialistischen Alternative Voran (SAV) nicht weit sein.

Marx21 ist sich der Situation bewusst, dass diese Einpunktkampagne von der SPD für ihre Zwecke, nämlich die Wahlen 2013 zu gewinnen, vereinnahmt wird. Sie schlagen als Alternative vor, die Beschlusslage der LINKE zur Reichensteuer und Vermögensabgabe konsequent in diese Kampagne zu tragen: Also einfach etwas radikaler den Reformismus zu predigen. Sie kritisieren die weitergehende Perspektive der SPD:

„Für die SPD soll am Ende der Eurokrise ein sozial stabiles, politisch zentralisierteres und wettbewerbsfähiges Europa stehen.“
– http://marx21.de/content/view/1718/32/

Und weil das im Interesse des Kapitals ist, behauptet Marx21 weiter:

„Linke hingegen wollen eine Verschiebung der Kräfteverhältnisse zugunsten der Arbeiterklasse, die Etablierung von Ansätzen von Arbeiterselbstaktivität und -verwaltung, wie sie bei Betriebsbesetzungen in Griechenland oder bei der Selbstorganisation der streikenden asturischen Bergarbeiter zu sehen sind. Sie wollen eine stärkere Bewegung von unten und die Desintegration der Institutionen des neoliberalen Europa, nicht deren Stärkung.“
– ebenda

Sie glauben allen Ernstes, die LINKE könnte das Kräfteverhältnis zugunsten der Arbeiterklasse verschieben:

„Die Antwort darauf ist Internationalismus auf Klassenbasis - Solidarität der Kämpfenden. Diese Ausrichtung unterscheidet DIE LINKE scharf von SPD und Grünen, die Merkels Politik entweder unterstützen, oder da, wo sie kritisieren, "nationale Interessen" Deutschlands anführen.“
– ebenda

Diese Illusion in die LINKE ist schon peinlich, hat doch die LINKE in Berlin, Mecklenburg-Vorpommern, Brandenburg oder eben auch in Nordrhein-Westfalen gezeigt, dass sie bereit ist, Sozialabbau mit der SPD zusammen durchzusetzen. Die sinkende Unterstützung für die LINKE ist Resultat dieser Anpassungspolitik, die auf Regierungsbeteiligung 2013 mit SPD und Grünen abzielt.

Die SAV fordert eine 10%ige Millionärssteuer, und schließt sich voll und ganz der reformistischen Logik dieser UmFAIRteilen-Kampagne an. Die Genossen versuchen nicht einmal zu erklären, wie diese brave Einpunktkampagne etwas an der Situation der Arbeiterbewegung verbessern kann - vermutlich weil sie wissen, dass dies unmöglich ist. Stattdessen hoffen auch sie, dass eine erfolgreiche Kampagne wieder Rückenwind für die LINKE bedeutet. Den Führungen von Marx21 und der SAV ist jeder reformistische Unfug recht, solange er ihnen Gelegenheit gibt, für die LINKE zu werben.

Klassenkampf statt Illusion in Umverteilung

Klassenkämpferische Politik sieht anders aus. Diese Kampagne ändert nichts an der schlechten Situation der Arbeiterklasse, die mit Sozialabbau, Leiharbeit- und Niedriglohnsektor und kaum steigenden Löhnen bei den sogenannten Kernbelegschaften massiv unter Druck steht. Auch ist nicht zu erkennen, dass aus dieser Kampagne etwas anderes als Wahlkampf für Rot-Grün, mit oder ohne die LINKE, herauskommen wird. Eine klassenkämpferische Perspektive sucht man hier vergeblich und diese alleine hätte das Potential, tatsächlich den Druck aufzubauen, der für eine Offensive der Arbeiterklasse nötig wäre. Ohne Klassenkampf wird das Umverteilen weiterhin nur in eine Richtung gehen. Um das zu verhindern, benötigen wir eine wirkliche Interessenvertretung für die Arbeiterklasse, eine revolutionäre Partei und Internationale, die in Klassenauseinandersetzungen geformt wurde.

Jeder soziale Fortschritt ist der Bourgeoisie abgerungen worden und solange die Arbeiterklasse sich nicht von den Knien erhebt, sind nicht mehr als Almosen zu erwarten. Ein wesentliches Element hierfür ist der politische Kampf gegen den Einfluss von SPD und die LINKE in den Gewerkschaften und für die Etablierung von militanten Gewerkschaftsfraktionen. Die Angriffe des Kapitals können nicht durch den Wahlzettel oder das Bündnis „UmFAIRteilen“ gestoppt werden. Streiks und Betriebsbesetzungen sind notwendig, wobei unabhängige Streikkomitees dazu dienen können, der Sabotage durch die Gewerkschaftsführung entgegenzutreten. Die einzige Art von Umverteilung, die die Irrationalität und Unmenschlichkeit des kapitalistischen Systems langfristig beenden kann, ist die vollständige Umverteilung der Machtverhältnisse durch eine soziale Revolution.

27.09.2012—Eine frühere Version dieses Flugblatts erschien am 24. September. Dies ist eine erweiterte Version zur Verteilung am bundesweiten Aktionstag „UmFAIRteilen“ am 29.09.2012.