Die Faschisten wollen am 15. August diesen Jahres wieder ihren nationalen „Rudolf-Heß-Gedenkmarsch“ durchführen. Verschiedene Gruppen und Einzelpersonen in Berlin waren sich einig in dem Ziel dagegen zu mobilisieren und hielten in einem Aufruf gegen den geplanten Nazi-Aufmarsch fest:
„Wenn sie mit einer solchen bundesweiten Aktion Erfolg haben, führt das zu einer Zunahme ihres Terrors. Ob sie Erfolg haben, hängt aber mit von uns ab. Eine entschlossene, massenhafte Gegendemonstration mit dem Ziel, den Nazi-Aufmarsch zu verhindern, kann den Nazis eine Niederlage beibringen“ (Aus dem Aufruf des Berliner Bündnisses gegen den „Rudolf-Heß-Gedenktag“).
Auf der Sitzung des Berliner Bündnisses gegen den „Rudolf-Heß-Gedenktag“ am 29. Juli überraschten dann Vertreter der unabhängigen Antifa (UA) mit ihrer Austrittserklärung. Da sie nicht fähig und willens waren, sich einer wirklichen Diskussion über ihre Kritik am Bündnis (und hier insbesondere an der Gruppe Spartakus (GS)) zu stellen, nahmen sie das sexistische Verhalten eines Vertreters des BdA-Köpenicks zum Vorwand, das Berliner Bündnis zu spalten. Bis zum Treffen uninformiert gehalten, nahmen die Bündnismitglieder ein von den UA eigenmächtig verfaßtes und gedrucktes, von ihnen verfälschtes und gekürztes Flugblatt des Bündnisses zur Kenntnis. Aus der geplanten und einhellig beschlossenen BündnisDiskussionsveranstaltung war in ihrer Version eine „Veranstaltung von Gruppen aus dem Berliner Bündnis geworden“; aus der „letzte(n) autonomen W vor der Abfahrt“ nach Wunsiedel die „letzte W vor der Abfahrt“ (womit absichtsvoll die Unterscheidung der „VV“ des Berliner Bündnisses und die OrganisationsVV der UA verwischt wurde).
Bewußt setzten die UA bei ihrem Austritt- und Spaltungsmanöver auf den Überraschungseffekt. Anstatt sich mit den Komiteemitgliedern während der Woche in Verbindung zu setzen und ihre Beschwerden einzubringen, ließen sie mehrere Tage verstreichen und präsentierten dann ihr fait accompli (ihre Flugblattversion). Tage, die genutzt hätten werden können für die Mobilisierung nach Wunsiedel! Auf der Bündnissitzung erklärten sie dann noch dreist, daß mit ihrem Austritt das Berliner Bündnis aufgelöst worden sei (was sie nicht daran hindert, weiter mit dem — von ihnen zensierten — Berliner Aufruf des Bündnisses herumzulaufen). Durch ihre spalterische Tätigkeit versuchen die UA Antifaschistinnen und Antifaschisten vom gemeinsamen Kampf auszugrenzen. Auch wenn es die UA nicht wollen: die Nazis wird es freuen!
Die Stellungnahme der UA („Infos zur bundesweiten Vorbereitung und zum Berliner Bündnis“, ohne Datum) hat den Vorteil, daß sie schriftlich — und damit für jeden nachvollziehbar — ihre Kritik ausführt. Bevor wir von der Gruppe Spartakus, die Hauptzielscheibe der UA, auf diese Kritik eingehen, wollen wir noch einmal kurz unser grundsätzliches Verständnis von Bündnis/ Aktionseinheiten erläutern, für das wir auch im Berliner Bündnis gegen den „Rudolf-Heß-Gedenktag“ eingetreten sind.
Wir, wie alle Antifaschistinnen und Antifaschisten, wollen eine Aktion gegen die nationale Demonstration der Faschisten. Wenn nur irgendmöglich werden wir zusammen versuchen, den Nazi-Aufmarsch in Wunsiedel oder anderswo zu verhindern. Ob dies gelingt, wird vom Kräfteverhältnis vor Ort abhängen. Um jedem demobilisierenden Versuch von Anfang an zu begegnen, der eingünstiges Kräfteverhältnis verhindern würde (etwa eine „Protestkundgebung“ weitab entfernt von den Faschisten o. ä.), schlugen wir als Minimalkonsens des Bündnisses vor: „Verhindert den Nazi-Aufmarsch“. Entgegen der pragmatisch opportunistischen Mehrheit auf den bundesweiten Treffen in Halle und Braunschweig, die diese Mobilisierungslosung ablehnten („Schaffen wir doch nicht!“), halten wir die Losung für zentral. Denn selbst wenn wir die Nazis diesmal nicht stoppen können: Jede Aktion, mit der unabhängig vom Staat (und u. U. gegen die Faschisten schützende Polizei) Nazi-Auftritte verhindert werden sollen, ist ein Schritt vorwärts angesichts der in die Defensive gedrängten Linken. Dabei lehnen wir von der GS jegliche abenteuerlichen Aktionen ab, die den antifaschistischen Militanten mehr Schaden zufügt (in Form von Verletzten und Inhaftierten) als den Nazis.
Auf dem ersten Treffen von Antifaschistinnen und Antifaschisten, initiiert v. a. von der Sozialistischen Arbeitergruppe (SAG), wurde diesen Überlegungen nicht zugestimmt. Aufgrund der SAG-Position („antifaschistische Massenbewegung“- d. h. unter keinen Umständen dürfen rechte Bündnispartner, wie die Sozialdemokratie, durch konsequente Aktionsziele verschreckt werden), unterschrieb diese Organisation einen ersten Flugblattentwurf (von Fred Löwenberg, einem Einzelunterstützer), der bewußt das Mobilisierungsziel „Verhindert den Nazi-Aufmarsch“ umging. Die Gruppe Spartakus und die unabhängige Antifa unterzeichneten diesen ersten Aufruf nicht. Auf dem nächsten Treffen schwenkte die SAG dann um (die Sozialdemokraten kamen nicht, also durfte die SAG nicht den Anschluß verlieren); sie sprach sich nun aus für eine „entschlossene, massenhafte Gegendemonstration mit dem Ziel, den Nazi-Aufmarsch zu verhindern“. Mit dieser Wende sah die Gruppe Spartakus die Grundlage für ein Aktionsbündnis gegeben. Nachdem auch die UA ihre Bedenken gegen die Parole „Verhindert den Nazi-Aufmarsch“ zurückgestellt hatten, formulierten SAG, GS und UA den Berliner Aufruf und schlugen ihn als Plattform des Berliner Bündnisses gegen den „Rudolf-Heß-Gedenktag“ vor. Das Bündnis war damit gegründet.
Dieser Aufruf benennt klar unser gemeinsames Aktionsziel. Gleichzeitig widerspricht er keiner der unterschiedlichen Faschismus-Einschätzungen der einzelnen Bündnispartner. Keiner der Bündnispartner wurde hier gezwungen, etwas zu unterschreiben, was dem eigenen Verständnis vom Kampf gegen den Faschismus entgegensteht.
Antifaschistinnen und Antifaschisten wollen und können nicht in einem Bündnis von den verschiedenen Aktionspartnern erwarten, daß diese die jeweils andere, z. B. die autonome, trotzkistische, reformistische oder pazifistische Propaganda, mittragen. Darüberhinaus muß jedem Aktionspartner das Recht zugestanden werden, entlang des Aktionsziels für die eigenen Anschauungen unabhängig und eigenständig zu werben und diese kritisch an den Bündnispartnern zu messen. Freiheit der Propaganda- Einheit der Aktion — nur auf Grundlage dieses Prinzips kann eine Einheit für den Kampf gegen den Faschismus hergestellt werden. Keine Antifaschistin und kein Antifaschist wird bereit sein, seine Überzeugung auf den Müll zu werfen als Vorbedingung für die gemeinsame Aktion (sie oder er wird allenfalls seine Überzeugung ändern im Verlauf der Auseinandersetzung). Ohne dieses Prinzip — Freiheit der Propaganda — Einheit der Aktion — bei Aktionseinheiten wird sich die zersplitterte Linke nie gegen die Rechte durchsetzen können. Dieses Prinzip haben wir von der Gruppe Spartakus im Berliner Bündnis sowohl u. a. gegen die SAG, aber auch und vor allem gegen die unabhängigen Antifa verteidigt.
Dieses konsequente Vorgehen unserer Organisation ist den unabhängigen Antifa ein Dorn im Auge; ihre Politik der klammheimlichen, bürokratischen Vereinnahmung des Berliner Bündnisses wurde durchkreuzt.
Wir machen uns hier die Mühe, auf die Kritik der UA im einzelnen einzugehen, selbst auf die Gefahr hin zu langweilen. Wir halten es jedoch für nötig, möglichst präzise auf unsere politischen Gegner zu antworten. Der Kampf gegen den Faschismus verlangt die Schärfung des Bewußtseins; der Streit um eine richtige Taktik ist darüberhinaus Bestandteil des Kampfes für den Sturz der kapitalistischen Ordnung.
„Über Formalismen wurde dann versucht eine Spaltung (!) zwischen dem sogenannten (?) Berliner Bündnis und der unabhängigen und autonomen Antifa herbeizuführen. Auf den Folgetreffen trat dabei besonders die Gruppe Spartakus hervor und die SAG etwas in den Hintergrund. Angefangen davon, daß der Hauptakteur dieser Gruppe gegen die Wunsiedel-Dokumentation zur bundesweiten Mobilisierung wetterte, und sich davon distanzierte, weil dort u. a. ein 'Diskussionsbeitrag zum Verständnis von revolutionären Autonomen' veröffentlicht ist, den er als Gruppe Spartakus auf keinen Fall weiterverbreiten, sprich mitverkaufen wolle. Desweiteren versuchte diese Gruppe, die Finanzierung der bundesweiten Plakate und Aufrufe für Berlin zu boykotieren“ (Infos zur bundesweiten Vorbereitung und zum Berliner Bündnis, im folgenden abgekürzt als Infos).
Wir von der Gruppe Spartakus haben niemals versucht, eine Spaltung zwischen dem Bündnis und der unabhängigen Antifa herbeizuführen. Was wirklargestellt haben ist, daß das Berliner Bündnis nicht mit der unabhängigen Antifa identisch ist, geschweige denn ihrer parteilichen, spezifischen Propaganda folgen kann. Zum Beispiel: Wir wollen nicht und haben niemals versucht, den Beitrag des BOLSCHEWIK (Zeitung der Gruppe Spartakus) „Nazi-Terror und Rassismus in der BRD“ zur Grundlage des Bündnisses zu erklären (ein solches Ansinnen hätten die damaligen autonomen Bündnisteilnehmer und -teilnehmerinnen wohl als „unverschämt“ zurückgewiesen). Umgekehrt sind wir nicht bereit, theoretische Überlegungen und Bekenntnisse von selbsterklärten revolutionären Autonomen zu vertreiben, deren Strategie und Taktik un- serer Meinung nach von vorneherein zum Scheitern verurteilt ist. Freiheit der Kritik — Einheit der Aktion — keinem Bündnispartner durfte es verwehrt werden, diese Broschüre zu vertreiben. Aber — unter der Voraussetzung, daß keine Einigkeit über diese Art von Wunsiedel-Dokumentation herzustellen war — konnte diese Dokumentation nicht zur Bündnis-Grundlagege- macht werden. Das gleiche gilt für die scheinbar neutralen Plakate mit dem Emblem der Antifaschistischen Aktion; ein Emblem, das das Scheitern des antifaschistischen Kampfes in der Weimarer Republik und — später, übernommen vom autonomen Spektrum der BRD in den 70er und 80er Jahren — das Scheitern der autonomen antifaschistischen Perspektive symbolisiert. (Zu dem Vorwurf bezüglich der Finanzen ist zu sagen, daß wir uns nach Diskussion damit einverstanden erklärten, daß die „Berliner Vorbereitungsgruppe aus der unabhängigen Antifa“ Finanzanträge bei den entsprechenden Unterstützern auch für das Berliner Bündnis stellte. Der „Boykott-Vorwurf“ ist absurd.)
„Bei sämtlichen Diskussionen über konkrete Vorarbeiten für die Demo in Wunsiedel übernimmt gerade die Gruppe Spartakus trotz starker persönlicher Präsenz nichts (siehe Konvoi) oder (?) die Sachen werden vertagt. Aber sie powern jederzeit darum, daß ihre Partei-Politik als Bündnispolitik verkauft wird. So brachten sie den Vorschlag einer Kundgebung, sowie einer 'Bündnis'veranstaltung ein, die sich bei genaueren Hinschauen dann als nicht anderes entpuppten, als Veranstaltungen, auf denen sie ihre Vorstellungen über antifaschistische Arbeit, in Abgrenzung zu anderen Gruppen (sie hatten insbesondere bei der Veranstaltung die PDS auf dem Kiecker) loswerden wollen“ (Infos).
Die unabhängigen Antifa widersprechen sich hier selbst. Während wir angeblich im Bündnis nichts machen, werden unsere Aktivitäten z. T. angesprochen. Mit dem Vorwurf der Inaktivität wird hier bewußt die Unwahrheit gesagt. Es ist auch den UA bekannt, welche Aktivitäten wir von der GS bereits in der Vergangenheiten für das Bündnis unternommen hatten (z. B. Bündnisverbreiterung, Vorbereitung der Diskussionsveranstaltung, Aufruferstellung) und welche Aktivitäten wir für die Zukunft vorschlugen. Es wäre auch wohl besser gewesen, anstatt zu spalten, sich wie wir an dem Info-Tisch des Bündnisses auf dem Alexanderplatz am i. August beteiligt zu haben. Unser Vorschlag einer zentralen Mobilisierung/Kundgebung aller Bündnis-Aktivistinnen und Aktivisten hätte auch die Stadtteilagitation vorwärts gebracht.
Daß wir darüberhinaus gerade bei direkten Aktionen mit unserer trotzkistischen Position zum anti-faschistischen Kampf nicht hinter dem Berg halten, das kann doch nur denjenigen stören, der — klammheimlich — seine Positionen zur Bündnisgrundlage machen will, indem er laut wettert gegen die, ach, wie schreckliche, parteiliche Intervention der anderen Bündnispartner! Verstecken etwa die Autonomen ihre Position zum Anti-Faschismus? Wir von der Gruppe Spartakus wollten, daß alle politischen Strömungen bei der Aktion auf dem Alex als auch auf der Bündnis-Veranstaltung gleichberechtigt reden können (wir sahen und sehen nicht ein, warum z. B. ein PDS-Vorstandsmitglied „offiziell vom Podium“ aus reden kann, während anderen, u. a. den UA, SAG und GS dieses verwehrt wird. Wir „fügten“ uns schließlich, nachdem uns die freie Diskussionsbeteiligung als Organisation zugesagt wurde). Fakt ist, daß schließlich auch die UA dem angeblich „parteilichen“ „größeren Info-Tisch des Berliner Bündnisses am Alex“ als auch der Diskussionsveranstaltung des Bündnisses zugestimmt haben. Jetzt wollen sie angeblich davon nichts mehr wissen. War ihre gegebene Zustimmung etwa ein „Fehler“?
„Zu guter Letzt haben sie (die Gruppe Spartakus, Anm. v. uns) auf dem 'Bündnis'Flugblatt, wofür sie die Vorlage erstellt hatten, noch ohne irgendeine Vorankündigung auf dem Bündnistreffen eine eigene Veranstaltung untergebracht oder besser reingesetzt und uns (!) unterjubeln wollen. Da gerade sie uns auf den letzten Treffen das Leben mit ihren Scheiß Formalien und der künstlichen Trennung bundesweit und Berliner 'Bündnis' schwer gemacht haben, ist dies an Dreistigkeit nicht mehr zu überbieten. Wir (!) haben uns deshalb erlaubt (!!), da wir dieses Flugblatt schließlich mitentworfen und einen Großteil der Vorarbeiten dazu getan haben und das Flugblatt guten Gewissens (!) auch verteilen wollen, diese Veranstaltung rauszunehmen“ (Infos).
„Wir, die unabhängige Antifa, haben uns erlaubt... “ — bürokratischer geht's nimmer! Den UA war es wichtig für ihre eigene W und Info-Veranstaltung auf dem Bündnis-Flugblatt zu werben. Sie haben immer wieder den eigenständigen, autonomen Charakter dieser Veranstaltungen betont (wir von der GS haben sie darin unterstützt). Da das Bündnis-Treffen die Ankündigung von Veranstaltungen einzelner BündnisBestandteile guthieß, haben auch wir von der GS uns, nach der Sitzung des Bündnisses am 22. Juli, entschlossen eine eigene Veranstaltung anzukündigen. Unsere klare Trennung im Layout des Mobilisierungsflugblattes zwischen den Aktivitäten des Bündnisses und, unter der Rubrik „weitere Ankündigungen“, Informationen über die Aktivitäten der einzelnen Bündnispartner paßte den Libertären u. a. deswegen nicht, da auch nun vom Layout klar wurde, was Bündnis und was autonome Organisationsangelegenheit war.
Wo haben wir von der Gruppe Spartakus mit der Ankündigung unserer Veranstaltung dem Berliner Bündnis etwas „untergejubelt“? Oder ist es nicht vielmehr so, daß die UA glauben, „das Bündnis sind wir“ und nur Ankündigungen der UA dürfen von den „Deppen des Bündnisses“ verteilt werden, während Veranstaltungshinweise gegnerischer Organisationen bürokratisch unterdrückt gehören. Was wäre denn gewesen, liebe Leute der UA, wenn wir „rechtzeitig“, auf der Bündnissitzung am 22. Juli, unseren Veranstaltungsplan bekanntgegeben hätten? Mit wel- chem Recht hättet Ihr denn argumentieren können, die GSVeranstaltung nicht anzukündigen, während Ihr gleichzeitig auf der Ankündigung Eurer Veranstaltungen durch das Berliner Bündnis besteht? Die UA hätten darauf schwerlich eine andere als eine bürokratische Antwort geben können, à la „das Bündnis, das sind wir“.
Da das wohl zu peinlich gewesen wäre und die UA wissen, in was für einer schwachen politischen Position sie sich befinden, zogen sie es vor, sich lieber auf gar keine Diskussionen einzulassen. Für ihren Austritt aus dem Berliner Bündnis nahmen sie dann folgenden Anlaß zum Vorwand:
„Als das Tüpfelchen auf dem i stellte sich am Ende des letzten Bündnistreffen der Vertreter der BdA-Köpenick nicht nur als klammheimlicher sondern als offener Sexist heraus, der nichts anderes zu tun hat, als Nacktfotos von Frauen auf dem Treffen an den 'Mann' zu bringen“! (Infos)
Daß diese Zeichnung, die auf der Bündnissitzung öffentlich wurde, eindeutig sexistischen Charakters ist, daran gibt es keinen Zweifel. Es kann auch keinen Zweifel daran geben, daß das Bündnis dem Sexismus (und dessen lahmer Entschuldigung) scharf entgegentreten muß (dies geschah auf der Bündnissitzung). Wir von der GS intervenierten auf der Sitzung am 29. Juli folgendermaßen: 1) Wir verurteilen Sexismus in jeder Form; 2) Wir stimmen nicht mit den von Unterstützern und Unterstützerinnen der UA angedeuteten Methoden Frauenfeindlichkeit zu bekämpfen (z. B. „Wohnung durchsuchen„) überein.
Einem Ausschluß des Vertreters der BdA-Köpenick aus dem Bündnis hätten wir nicht zugestimmt, da damit genau die Möglichkeit genommen worden wäre, im und durch den anti-faschistischen Kampf (den dieser ehrlich will) frauenfeindliche Haltungen deutlich zu machen und zu bekämpfen. Allgemein gesehen ist es verfehlt, z. B. von sexistischen sozialdemokratischen Führern oder von Arbeitern als Vorbedingung für den angestrebten gemeinsamen Kampf gegen die Faschisten ein klares Bekenntnis zur Frauenbefreiung zu verlangen. Dieser Kampf würde so nie zustande kommen. Aufgabe ist es vielmehr, im gemeinsamen Kampf das Verständnis über den Faschismus und die bürgerliche Gesellschaft generell, inklusive der Funktion von Frauenunterdrückung, zu verbreitern.
Aber wie gesagt, bei der Spaltung des Bündnisses ging es gar nicht um die Frage des Sexismus. Vielmehr sahen die UA zunehmend ihre Felle davonschwimmen und fanden hier einen Vorwand.
Wie die Linke in der BRD generell müssen auch die Autonomen ihren Niedergang zur Kenntnis nehmen. Insbesondere nach der Einverleibung der DDR und dem nun endgültig sichtbaren Erstarken des deutschen Imperialismus (s. als letztes Beispiel den Einsatz der Bundeswehr an der Adria) stehen sie ohnmächtig der Rechtsentwicklung der deutschen Gesellschaft gegenüber. Während es früher insbesondere für die autonomen Kräfte möglich war, halbwegs effektiv die Ansammlung kleiner faschistischer Gruppen zu zerschlagen, führt die weitere krisenhafte ökonomische Entwicklung des deutschen Kapitalismus zur Verelendung von Millionen von Lohnabhängigen und damit zur Gefahr einer kleinbürgerlichen faschistischen Bewegung mit Massencharakter. Dieser objektiven Entwicklung können vereinzelte Gruppen von antifaschistischen Kämpfern, wie sie auch das autonome Spektrum bisher stellte, zunehmend weniger etwas entgegensetzen. Während die Zahl der Faschisten anwächst, brechen die autonomen Strukturen weg. Die Ideologie der Autonomen, u.a. die Leugnung der Bedeutung der Arbeiterklasse für den Kampf gegen den Faschismus sowie die Ersetzung des Klassenwiderspruchs durch das Verständnis von „oben und unten“, macht dieses Spektrum hilflos, sich auf die jetzt offensichtlich gewordenen „neuen“ Anforderungen einzustellen.
Zur Wunsiedel-Mobilisierung entwickelten die UA offenbar die folgende Taktik, um sich aus ihren politischen Schwierigkeiten zu retten: Schaffung eines breiten Spektrums von Unterstützer-Komitees, die das Milieu hergeben, aus denen die unabhängige Antifa dann doch noch relativ effektiv ihre eigenen Aktionen starten kann. Zumindest in Berlin haben sie dabei jedoch durch diese Art von Bündnispolitik Geister gerufen, die sie nun unbedingt loszuwerden trachten, da hier ihr politischer Führungsanspruch zunehmend in Frage gestellt wurde. Und so kam es — anstatt sich einer offenen politischen Diskussion zustellen und die bisher verfolgte politische Konzeption zu hinterfragen — zum Versuch der bürokratischen Durchsetzung der UA-Politik.
Unserer Meinung nach kann nur die Arbeiterklasse, gegen den sozialdemokratischen Einfluß, die Grundlage für einen wirklich effektiven anti-faschistischen Kampf herstellen. Die heranreifende Krise der bürgerlichen Gesellschaft macht eine massenhafte Mobilisierung der Lohnabhängigen für ihre Interessen gegen das imperialistische System objektiv möglich. Ein Aspekt dieses Kampfes ist der Kampf gegen den Faschismus, der vor den Grenzen des bürgerlichen Systems nicht Halt machen darf.
Da winken die Autonomen natürlich ab — mit der verbürgerlichten Arbeiterklasse haben sie nichts am Hut. Dabei leugnen sie, daß die Arbeiterkämpfe die Chance bieten, die Herrschaft der Bourgeoisie zumindest zu erschüttern. Daß solche Massenstreiks wie vor kurzem (ÖTV, IG Metall etc.) bislang so glatt abgingen, lag nicht daran, daß es keine objektive Möglichkeit gab, die Kämpfe erfolgreich zu führen und auszuweiten, sondern daran, daß die Lohnabhängigen in der BRD von der sozialimperialistischen SPD und ihren Gewerkschaftsvertretern dominiert werden. Es bedarf einer revolutionären Arbeiterpartei, die in der Arbeiterklasse diesen Verrätern konsequent Paroli bietet.
Unter diesem Blickwinkel sehen wir auch unsere Arbeit in linken Aktionseinheiten/Bündnissen zum Kampf gegen das Anwachsen der faschistischen Gefahr. Solche Bündnisse sind wichtig, den Faschisten Einhalt zu gebieten, so weit dies in ihrer Macht steht. Darüberhinaus müssen Antifaschistinnen und Antifaschisten aber auch aus diesen praktischen Erfahrungen lernen, daß dieser Kampf letztlich nur effektiv geführt werden kann, wenn er mit einer revolutionären Perspektive auf die Arbeiterklasse orientiert wird. Solche notwendigen Umorientierungsprozesse brauchen Geduld. In der Zwischenzeit werden wir von der GS alles daransetzen, die durch die UA betriebene Spaltung der Wunsiedel-Mobilisierung nicht noch weiter zu vertiefen. Wir werden versuchen mit den UA — leider nun außerhalb des Bündnis-Rahmens — die organisatorischen Absprachen für den Kampf gegen die Faschisten am 15. August zu treffen.
Berlin, 05.08.1992
Gruppe Spartakus Deutsche Sektion der
Internationalen Bolschewistischen Tendenz