Die jüngsten Entwicklungen im Syrien-Krieg bestätigen unsere Position, dass Revolutionäre in diesem katastrophalen Bürgerkrieg mit erheblicher Einmischung von außen, keine Seite haben. Das kann an dem Wiedererstarken des Assad-Regimes und der Zurückeroberung wichtiger Städte in Syrien gesehen werden: Als die wichtige Handelsmetropole Aleppo nach jahrelanger Kontrolle durch verschiedene Fraktionen der Assad-Gegner Ende 2016 wieder in die Hände von Assad kam, waren die humanitären Krokodilstränen der westlichen Welt riesengroß. Bewusst ignorierte man den dschihadistischen Charakter der syrischen Opposition, und im Jahr fünf der syrischen Tragödie machte man sich auf einmal Sorgen um die Zivilbevölkerung.
Im Lager der vorgeblichen Revolutionäre gibt es sowohl einen bemerkenswerten Teil an Gruppen, die Russlands Unterstützung für das Assad-Regime feiern, als auch solche, die immer noch fern jeder Beweise eine Revolution in Syrien sehen. Die syrische Kommunistische Partei, Schwesterorganisation der DKP, bekennt sich offen zur Klassenzusammenarbeit mit dem syrischen Regime:
„Das syrische Volk hat dieser Aggression seit ihrem Anfang 2011 gemeinsam mit der Regierung, der syrischen Armee und den fortschrittlichen politischen Kräften des Landes mutig Widerstand geleistet.“
—redglobe.de
Und natürlich wird die Wiedereroberung Aleppos als Befreiung gefeiert, mit tatkräftiger Hilfe durch die „friedenspolitische und humanitäre Rolle Russlands in Syrien“ (redglobe.de). Der Bürgerkrieg ist mit der massiven Unterstützung Russlands letztendlich zu einem Kampf geworden, den der imperialistische Westen dafür nutzt, um gegen Russlands Einfluss in Syrien eine kriegerische Front aufzubauen.
Während mittlerweile die bedeutende Waffenhilfe für die radikalen Muslime innerhalb der syrischen Opposition durch die NATO-Staaten (allen voran die Türkei) bewiesen ist, träumt ein Teil der vorgeblichen Revolutionäre immer noch von einer Revolution in Syrien. Die Abspaltung der Gruppe Arbeitermacht in Österreich, die Revolutionär-Kommunistische Organisation zur Befreiung (RKOB) sei hier exemplarisch erwähnt.
„Mit dem welterschütternden Desaster – dem Fall von Aleppo – ist eine Welle an Botschaften aus der besetzten syrischen Stadt an die Welt ergangen. Zahlreiche Videobotschaften wurden von Aleppo aus um den Globus geschickt: Appelle das losgetretene Massaker nicht zu ignorieren, dieser Niederlage der Rebellen im Kampf gegen den Diktator Assad nicht schweigend gegenüberzustehen, sondern Mut zu machen für eine Weiterführung der Revolution.“
—rkob.net
Das gesamte Konstrukt, dass diese syrischen Oppositionellen, die in westlichen Medien gerne als „Rebellen“ bezeichnet werden, eine Revolution anführen, ist ohne jeden Bezug zum wirklichen Geschehen. Seit Jahren haben verschiedene Fraktionen radikaler Muslime, von Al-Qaida zum Islamischen Staat, die Hegemonie über die Opposition. Um das zu ignorieren, muss der RKOB unglaubliche Illusionen in die Assad-Gegner schüren:
„Erstens: Kein Vertrauen in die USA und die Europäische Union. Der Widerstand darf nicht darauf vertrauen, dass Obama oder Merkel wirklich helfen. Keine Zusammenarbeit mit den Großmächten. Zweitens: Kein Sektierertum! Egal welche Religion, egal welche Herkunft, welche Hautfarbe, egal welche Sprache – wir sind eine Einheit und gemeinsam können wir gegen die Diktatur von Assad kämpfen! Drittens: Die Führer, die Vertreter des Widerstandes müssen kontrolliert werden von der Basis. Niemand darf eigenständig für das syrische Volk sprechen, sondern muss kontrolliert werden. Keine Miliz darf eigenständig handeln, sondern muss unter Kontrolle des Volkes stehen. Wenn wir diesen Weg gehen, dann können wir die Niederlage in Aleppo wettmachen. Dann ist es möglich, dass die Revolution weiter geht. Bis Assad gestürzt ist, bis das arbeitende Volk in Syrien seine Freiheit erkämpft und die Macht übernimmt!“
—ebenda
Die Vorstellung dass der Weg zur proletarischen Revolution in Syrien durch Kooperation mit dem Islamischen Staat geebnet wird, ist von tödlicher Naivität geprägt.
Diese politischen Verwirrungen innerhalb der internationalen Linken, die vorgeben für Sozialismus und Frieden zu stehen, zeigen, dass der Krieg in Syrien nicht mit der Vereinnahmung der einen oder anderen Seite beendet werden kann. In diesem Bürgerkrieg gibt es keine Seite, die die Interessen der Arbeiter und Unterdrückten vertritt. Für Revolutionäre in den imperialistischen Zentren bedeutet dies vor allem, die Einmischung ihrer eigenen Regierungen zu bekämpfen, anstatt Assad oder Al-Qaida zu beschönigen.