Der Kampf gegen den Faschismus ist ein wichtiger Bestandteil im Selbstverständnis der revolutionären Organisation. Die faschistische Bewegung hat in den letzten Jahren erheblich an Boden gewonnen. Der Einzug der faschistischen Nationaldemokratischen Partei Deutschlands (NPD) in zwei Landtage, sowie der Anstieg ihrer Mitgliederzahl auf über 7.000 sind nur die Spitze einer gefährlichen Entwicklung.
Die Entwicklung im faschistischen Lager ist besorgniserregend, trotz vieler Berichte über die üblichen Zerwürfnisse oder die Finanzsituation der NPD. Sie versucht eine Doppelstrategie. Auf der einen Seite will sie Kräfte aus dem militanten Lager der Freien Kameradschaften mit in den Parteiaufbau einbinden, andererseits versucht sie aber auch, sich nach außen als eine wählbare nationale Alternative zu den diskreditierten etablierten Parteien zu präsentieren. Dass diese Taktik Probleme für die NPD aufwirft, überrascht nicht. So sorgte die Teilnahme von NPD-Funktionären bei dem Begräbnis des Faschisten Friedhelm Busse, dem eine Hakenkreuzfahne mit ins Grab gegeben wurde, für einen Eklat. Die NPD-Führung distanzierte sich im Nachhinein, was dazu führte, dass die Freien Kameradschaften androhten, die Zusammenarbeit mit der NPD zu beenden.
Doch hinter den Kulissen sieht es anders aus. Bei Wahlen haben sich die Absprachen (Deutschlandpakt) zwischen der NPD und der Deutschen Volksunion (DVU) bewährt, nicht gegeneinander anzutreten. Beim Wahlkampf unterstützen die Freien Kameradschaften immer wieder die NPD, auch weil die DVU nicht über wirklich aktive Mitglieder verfügt.
Größere Probleme gibt es für die NPD mit den seit kurzem existierenden Autonomen Nationalisten (AN). Diese, die sich mit anti-kapitalistischen Parolen im Stile des Strasser-Flügels der NSDAP und einer Kopie des links-autonomen Kleidungsstils schmücken, finden vor allem bei jugendlichen Nazis Unterstützung. Bei dem Naziaufmarsch am 1. Mai 2008 in Hamburg versuchten die AN, die antifaschistische Gegendemonstration anzugreifen. Beim Bundesparteitag der NPD kurz danach distanzierte sich die NPD-Führung von der Gewalt der AN.
Die Taktik und das Auftreten der einzelnen Strömungen der faschistischen Szene mögen unterschiedlich sein, doch die Zielsetzung ist bei der NPD, der DVU, den Freien Kameradschaften und den Autonomen Nationalisten gleich: Machtübernahme im Stil der NSDAP, Völkermordprogramme gegen alle Nicht-Deutschen und massive militärische Aufrüstung für einen neuen Vernichtungskrieg für Lebensraum.
Auch die Funktion der Faschisten als militante Schläger gegen die organisierte Linke und Arbeiterklasse ist geblieben. Es gibt unzählige Übergriffe auf Jugendliche und aktive Linke. Die bekanntesten sind die Schüsse auf den Gewerkschaftsaktivisten und Mitglied Der Linken, Rainer Sauer, in Bocholt, sowie die Beschädigungen des Bundestagsbüros von Ulla Jelpke in Dortmund oder der Überfall auf das solid-camp in Hessen, bei dem eine 13-jährige lebensgefährlich verletzt wurde.
Überall dort, wo es den Faschisten gelingt, Fuß zu fassen, gibt es meist Widerstand aus der organisierten Linken, den Gewerkschaften und auch aus dem bürgerlichen Lager. Mit klassenübergreifenden Bündnissen wie Bunt statt Braun oder liberalen Slogans zum Schutz der bürgerlichen Demokratie wird versucht, die Wut der Bevölkerung von den Verhinderungsaktionen abzulenken.
Diese Version der Volksfrontpolitik (siehe unseren Artikel über die Spanische Revolution, Seite 17) wird von den kleinbürgerlichen Autonomen einfach ignoriert. Sie verhalten sich zu diesen Bündnissen nicht, sondern versuchen die Nazi-Aufmärsche ausschließlich aus der eigenen Kraft ihrer kleinen Gruppen zu verhindern. Man interessiert sich nicht dafür, der Arbeiterklasse eine Perspektive jenseits der bürgerlichen Ordnung aufzuzeigen.
Der Mut und die Militanz der isolierten Autonomen endete oft in den Fängen des riesigen Staatsapparates, der herausgerufen wird, um die faschistischen Aktionen zu beschützen. Das sogenannte Kleingruppenkonzept zersplittert noch einmal die Gegenwehr und hat nur den zufälligen Erfolg, hin und wieder auf vereinzelte Nazis zu treffen.
Die antifaschistischen Gruppierungen sind keine genuin proletarischen Organisationen und haben daher auch kein proletarisches Klassenbewusstsein. Zusammen mit der allgemeinen politischen Schwäche im Kampf gegen die Nazibewegung sind die vielfältigen Illusionen in den bürgerlichen Staatsapparat hinderlich. So fand der letzte große Versuch der Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes (VVN) mit einer Unterschriftenkampagne Druck auf den bürgerlichen Staat und sein Parlament zu machen, die NPD zu verbieten knapp 175.000 Unterzeichner. Doch diese Kampagne versank schnell in der Bedeutungslosigkeit, weil die Unterschriftenlisten heute im Bundestag in irgendeinem Abstellraum darauf warten, zum Altpapier geworfen zu werden.
Die Illusionen der antifaschistischen Gruppen in den Staat als Bündnispartner, egal wie kritisch, schwächen den wichtigen Kampf um die politische Unabhängigkeit der Arbeiterklasse von ihren Unterdrückern und Ausbeutern. Forderungen nach Verboten von faschistischen Organisationen oder deren Aufmärsche stärken den Staat, der nichts anderes als ein Instrument der Klassenunterdrückung ist, und schaffen die Grundlage für einen weiteren Abbau demokratischer Grundrechte. So wurde in Bayern ein neues Versammlungsrecht eingeführt, mit dem Verweis auf potentielle Naziaufmärsche, das sich aber jederzeit gegen die demokratischen Grundrechte der Linken und Arbeiterbewegung richten lässt.
Eines der wichtigsten Argumente der Verbotsbefürworter ist der Verweis auf die Zerschlagung der bestehenden faschistischen Strukturen. Zum einen ist zu bezweifeln, dass der bürgerliche Staat bei einem Verbot wirklich die Strukturen zerschlagen will, und zum anderen zeigen die letzten großen Verbote wie das der FAP, der Deutschen Liga für Volk und Heimat oder des Blood and Honor-Netzwerkes dass entweder sofort neue Organisationen entstanden, in denen die Kader weitermachten wie zuvor, oder es erfolgreich gelang, die Strukturen im Untergrund aufrecht zu erhalten.
Wer auf die Karte des bürgerlichen Staates setzt, negiert seine Rolle und die sozialen und wirtschaftlichen Verhältnisse. Angefangen mit dem staatlichen Chauvinismus gegen Nicht-Deutsche und Flüchtlinge, über den Abbau sozialer Errungenschaften, bis hin zum offensichtlich sinkenden Lebensstandard der Arbeiterklasse, den sinkenden Real-Löhnen und Hartz IV, dem System zur Armutsschaffung, der Staat ist mächtiges Werkzeug zur Durchsetzung der Interessen der Bourgeoisie. Chauvinismus und Rassismus sind die Schlüssel für die bürgerliche Herrschaft, um von ihrer eigenen Verantwortung abzulenken und die hier lebenden Flüchtlinge und Nicht-Deutschen zu Sündenböcken zu machen, und so den faschistischen Mördern und Hetzern in die Hände zu spielen. Der aktuelle anti-muslimische Rassismus ist die modernste Version dieses dreckigen Spieles des bürgerlichen Staates, seiner Gerichte und seiner Polizei.
Um die eigene Schwäche zu vertuschen, setzen politische Kräfte, die von sich behaupten, revolutionär oder sozialistisch zu sein, auf sogenannte breite Bündnisse. Oftmals sehen sie das als Gegenstück zur Isolation der Autonomen. Die beteiligten Organisationen in den breiten Bündnissen einigen sich immer auf den kleinsten gemeinsamen Nenner und der besteht aus Bunt statt Braun-Straßenfesten, statt den Nazi-Aufmarsch mit allen Mitteln verhindern zu wollen. Breite Bündnisse sind im Kern nichts anderes als die klassische Volksfrontpolitik wie in den 30er Jahren des letzten Jahrhunderts. Diese Volksfrontpolitik verriet die spanische Revolution 1936, die als Reaktion auf einen faschistischen Putsch begann, lähmte das revolutionäre Potential in Frankreich im selben Jahr, und war somit alles andere als eine Waffe im Kampf gegen den anwachsenden Faschismus und die Kriegsgefahr in Europa.
Das Eintreten für die sogenannten breiten Bündnisse — ohne einen politischen Kampf gegen die Irreführer der Arbeiterbewegung und ihre verfehlte Politik im Kampf gegen die Faschisten zu führen hat zur Folge, dass vorgegaukelt wird, es gäbe eine gemeinsame Analyse für und ein gemeinsames Vorgehen gegen das Vorhandensein einer faschistischen Bewegung.
Die Aufgabe, trotz der politischen und organisatorischen Spaltung der Arbeiterbewegung, Wege des gemeinsamen Kampfes zu finden, und die revolutionäre Vereinigung der Arbeiter zu fördern, ist nicht neu. Nach dem ersten Weltkrieg entwickelte die Kommunistische Internationale, als ein Mittel zur Lösung dieser Aufgabe, die Taktik der Arbeitereinheitsfront. Deren Leitgedanken sind getrennt marschieren, vereint schlagen und Einheit der Aktion, Freiheit der Kritik.
Wir berufen uns historisch auf diese Losungen der Linken Opposition in der KPD (LO) aus der Endphase der Weimarer Republik. Die LO war der Auffassung, dass nur eine gemeinsame Aktion bei gleichzeitiger Freiheit der Propaganda der Beteiligten der gesamten organisierten Arbeiterklasse die Machtübernahme der Nazis verhindern kann. Gegen diese Forderung waren sowohl die SPD- als auch die KPD-Führung. Sie bekämpften sich stattdessen gegenseitig. Die SPD titulierte die KPD als rot-lackierte Faschisten, während die KPD die SPD als Sozialfaschisten bezeichnete. Dies verhinderte ein effektives Zusammenarbeiten der organisierten Arbeiter an der Basis, in den Betrieben und auf der Straße.
Und natürlich bekämpften die Genossen der LO auch die reformistische, staatstragende und verräterische Politik der SPD-Führung. Es war klar, dass die Mitglieder und Unterstützer der SPD, der Gewerkschaften, der KPD und anderer Strömungen der Linken und Arbeiterbewegung im Fadenkreuz der faschistischen Schlägerbanden der SA waren. Hitler versprach vor dem Industriellentreffen in Düsseldorf 1932 die Ausrottung des Marxismus. Er konnte nur deshalb dabei so erfolgreich sein, weil die großen Pole der Arbeiterbewegung, SPD und KPD, paralysiert durch ihre eigene Politik, passiv die Machtübernahme der Nazis hinnahmen.
Die Forderung nach einer Arbeitereinheitsfront war eine revolutionäre Position gegenüber der Politik der Stalinisten, die von 1928-1935 auf die Politik der 3. Periode setzten. Sie behauptete, dass die Revolution nur eine Frage der Zeit sei, und brandmarkte die Sozialdemokratie als Hauptfeind. Nachdem der politische Irrsinn der Bürokratie der Komintern Hitler zur Macht verholfen hatte, gab sie die offensichtlich falsche und verräterische ultralinke Position auf, die zu Verteidigungsbündnissen gegen gemeinsame Feinde unfähig war, und vollzog eine Wende hin zu prinzipienlosen Bündnissen mit dem linksliberalen Flügel des Bürgertums, die den Charakter konterrevolutionärer Volksfrontpolitik ausmachen.
In der heutigen Situation treten wir für gemeinsame Aktionen der Arbeiterklasse gegen die faschistische Gefahr ein. Wir setzen dabei auf die Mobilisierung der internationalen Arbeiterbewegung. Das geht nur, wenn man einen offenen Kampf um die Arbeiter führt, die auf der einen Seite ehrlich die Faschisten hassen, aber auf der anderen Seite, auch mangels Alternative, immer noch unter dem Einfluss des Reformismus stehen.
So begrüßen wir es, dass sich Kölner Taxifahrer während des Rassistenkongresses im September 2008 weigerten, potentielle Teilnehmer zu befördern, oder Hotelangestellte in Mainz sich im Oktober 2008 zu einem Serviceboykott gegen ein Treffen rechts-nationalistischer Republikaner entschlossen.
Zur Verteidigung und zum Kampf für die proletarischen Interessen besteht die zentrale Aufgabe für Revolutionäre darin, die Hegemonie des Reformismus in der Arbeiterbewegung zu brechen. Aber es gibt keine Alternative: Diesen Kampf zu umgehen, oder seine Bedeutung herunterzuspielen, würde den Niederlagen der Arbeiterbewegung nur weitere hinzufügen.
Für die Zerschlagung aller faschistischen Organisationen durch Arbeiteraktion!
Kein Vertrauen in Staat und Polizei!
Mobilisierung der internationalen Arbeiterklasse gegen die faschistische Gefahr!