Erklärung
zur Fusion der Gruppe Spartakus und der Gruppe Leo Trotzki zur
Internationalen Bolschewistischen Tendenz Deutschland
Im Mai 2002 haben sich Gruppe Spartakus (Deutsche Sektion der
Internationalen Bolschewistischen Tendenz) und die Gruppe Leo Trotzki zur
Internationalen Bolschewistischen Tendenz Deutschland zusammengeschlossen. Im
folgenden drucken wir die Erklärung zur Vereinigung der Gruppen ab.
Gruppe Spartakus: Verteidigung des Trotzkismus Die Gruppe
Spartakus entstand 1990 durch die Fusion der Gruppe Vierte Internationale mit
der Bolschewistischen Tendenz. Sie ist die deutsche Sektion der trotzkistischen
Internationalen Bolschewistischen Tendenz. Deren Ziel ist der Wiederaufbau
einer Weltpartei der Sozialistischen Revolution. Programmatisch und personell
hat die Internationale Bolschewistische Tendenz ihre Wurzeln in der einst
revolutionären international Spartacist Tendency vor ihrem
organisatorischen und politischen Niedergang Ende der 70er Jahre.
Seit dem konterrevolutionären Ende der Warschauer-Pakt-Staaten erleben wir
eine Phase geringer Klassenkämpfe. Angesichts der globalen
kapitalistischen und imperialistischen Offensive betrachtet es die Gruppe
Spartakus als eine Hauptaufgabe, das marxistische Programm gegen den
Anpassungsdruck zu bewahren und auf die heutige Wirklichkeit anzuwenden: zum
Beispiel als Leitfaden für den Kampf gegen den erstarkenden Rassismus und
Faschismus gegen die imperialistische Globalisierung und Mobilmachung ebenso
wie gegen die reformistische Unterordnung der Arbeiter und Linken unter die
Interessen des deutsche Kapitals durch DGB-Bürokratie, SPD und PDS.
In diesem Rahmen verteidigt die Gruppe Spartakus, u.a. durch die
Herausgabe ihres Organs BOLSCHEWIK, dieses politische Erbe ideologisch gegen
den reformistischen wie zentristischen Revisionismus in der Arbeiterbewegung
und Linken. Die richtige politische Theorie ist eine Voraussetzung für den
praktischen Sturz des Kapitalismus. Als kleine Propagandagruppe hat die Gruppe
Spartakus sich auch wiederholt nach Kräften an exemplarischen Aktionen
beteiligt, insbesondere an Aktionseinheiten gegen Faschisten, polizeiliche
Übergriffe auf linke türkische und kurdische Kulturvereine für
die Freilassung von Mumia Abu Jamal und für eine Demonstration zur
Verteidigung Jugoslawiens gegen die NATO-Angriffe. Angesichts einer
schrumpfenden kleinbürgerlichen und proletarischen Linken nimmt zwar die
Gewinnung ganz neuer Aktivistinnen und Aktivisten für den
revolutionären Kampf relativ an Bedeutung zu, dennoch bleibt die
Umgruppierung subjektiver Revolutionäre eine vorrangige Aufgabe. Der
Aufbau einer revolutionären Partei und Internationale kann nur durch einen
Prozess prinzipienfester politischer Diskussion und Klärung unter den
Gegnern des Kapitalismus erfolgen; organisatorisch entspricht dem ein Prozess
von Spaltungen und Fusionen.
Gruppe Leo Trotzki: Vom Pabloismus zum Trotzkismus Die
Gruppe Leo Trotzki setzte sich aus Genossen zusammen, die sich vom Pabloismus
(namentlich von dem der "Leninistischen Tendenz" im
Revolutionär-Sozialistischen Bund/München und ihren
Nachfolgeorganisationen) unter dem Einfluss von Publikationen der Spartakist
Arbeiterpartei Deutschlands (SpAD) nach links entwickelt hatten. Insofern die
SpAD das politische Erbe der revolutionären Spartacist League der 70er
Jahre noch in deformierter Form weiterträgt, war es ihr möglich,
einen Bruch der Genossen in München mit dem Pabloismus einzuleiten.
Andererseits waren ihr hysterisches Auftreten und ihre organisatorische
Degeneration so abstoßend, dass sie nicht in der Lage war, diesen jungen
Kommunisten eine neue politische Heimat zu bieten. Deshalb gründeten sie
die "Gruppe Leo Trotzki". Sie vertraten als eine von wenigen Organisation
konsequent eine revolutionäre Position zur imperialistischen Intervention
in Afghanistan (siehe Theorie und Aktion Nr. 2). Neben
Propagandatätigkeiten, wie der Herausgabe ihrer Zeitung, widmete sich die
Gruppe Leo Trotzki der Diskussion programmatischer Fragen. Nachdem sie sich so
politisch konsolidiert hatte, suchte die Gruppe Leo Trotzki nach Partnern
für eine Umgruppierung auf der Grundlage fester Prinzipien. Nach der
Lektüre des BOLSCHEWIK Nr. 16 und 17 nahmen die Genossen der Gruppe Leo
Trotzki zu diesem Zweck den Kontakt mit der Gruppe Spartakus auf.
Zuerst das Programm Der Fusion vorausgegangen war ein
gründlicher programmatischer Diskussionsprozess. In dessen Verlauf zeigten
sich u.a. folgende bestehende Übereinstimmungen:
In der Frage des imperialistischen
Krieges: Beide Organisationen traten von vornherein prinzipiell für
die militärische Verteidigung nicht-imperialistischer Länder gegen
imperialistische Angriffe, wie z. B. in Afghanistan seit 2001, ein.
Darüber hinaus waren und sind wir grundsätzlich für die
Niederlage des Imperialismus und des Hauptfeindes im "eigenen"
imperialistischen Land. In Kriegen zwischen imperialistischen Ländern wie
dem Ersten Weltkrieg und im Zweiten Weltkrieg zwischen der
imperialistisch-faschistischen "Achse Berlin-Rom-Tokio" und den
imperialistisch-demokratischen Westalliierten, treten wir als
Internationalisten auf beiden Seite für die Niederlage und die Umwandlung
des Krieges in einen revolutionären Klassenkrieg ein. In der Anwendung der permanenten Revolution und der
leninistischen Position zur nationalen Frage in Regionen mit vermischten
Völkerschaften (Israel/ Palästina, Nordirland, Bosnien
etc.): In diesen Fällen ist eine Beseitigung des nationalen
Haders auf Grundlage zweier getrennter bürgerlicher Staaten nicht
möglich. In Israel/Palästina z. B. äußert sich dies im
Kern in der Perspektive eines binationalen Arbeiterstaates im Rahmen einer
sozialistischen Föderation des Mittleren und Nahen Ostens. In Folge dieser
Übereinstimmung in einer Gretchenfrage der deutschen Linken druckte die
Gruppe Leo Trotzki in der Phase brüderlicher Beziehungen mit der Gruppe
Spartakus deren Artikel "Palästina und Permanente Revolution" in ihrer
Theorie und Aktion Nr. 3 ab. In der
Ablehnung von Propagandablöcken und der strategischen Einheitsfront
einerseits und der richtigen Anwendung der Einheitsfront als Taktik
andererseits: Ausführlich sind die Vorstellungen der IBT zur
Anwendung der Einheitsfronttaktik durch die revolutionäre
Partei dargestellt u.a. in: "Building
the Revolutionary Party and United Front Tactics" und "Reformismus, Antifaschistischer Kampf und
Revolutionäre Bündnispolitik". In diesem Zusammenhang
stimmten beide Gruppen auch darin überein, unter welchen konkreten
Umständen bürgerlichen Arbeiterparteien eine sogenannte kritische
Wahlunterstützung erteilt werden kann (siehe BOLSCHEWIK Nr. 18, "Kritische
Wahlunterstützung als revolutionäre Taktik").
Im Verständnis des
Übergangsprogramms: Das Übergansprogramm wurde von Trotzki und
der Vierten Internationale als Einheit bzw. System von
Übergangsforderungen konzipiert. Deshalb lehnen wir die pabloistische
Methodik ab, das Übergangsprogramm in seine einzelnen Forderungen zu
zerlegen und nur die als massenopportun angesehenen zu propagieren,
während man den Rest des Programms vor der Arbeiterklasse versteckt. Im
bewussten Zusammenhang des ganzen Programms erhalten die einzelnen Losungen
eine revolutionäre Dynamik. Nur kombiniert mit der Propagierung des ganzen
Übergangsprogramms durch die kommunistische Partei und
Gewerkschaftsfraktion kann die praktische Umsetzung einzelner Forderungen in
bestimmten Klassenkampfsituationen die Arbeiter dazu bringen, aus ihren
Erfahrungen die richtigen, revolutionären Schlüsse zu ziehen. Das
Übergangsprogramm hat seine Grundlage in der Reife der objektiven
Bedingungen des Sozialismus, und seine Aufgabe ist es, die subjektive Unreife
des Proletariats zu überwinden, um es zum Sturz des Kapitalismus zu
führen. Als solches betrachten wir das Übergangsprogramm in der
ganzen Epoche des Imperialismus als gültig.
In der Frage
der Verteidigung der bürokratisch degenerierten und deformierten
Arbeiterstaaten: Nicht nur während des Zweiten Weltkrieges
war es die Pflicht von Revolutionären, die Sowjetunion zu verteidigen.
Auch später wurde diese Frage eine Nagelprobe für Trotzkisten.
In dem militärischen Konflikt zwischen der UdSSR und den
CIA-gesponserten Mudschaheddin in Afghanistan nach 1979 traten wir für die
bedingungslose Verteidigung der Sowjetunion ein, ohne dabei stalinophile
Illusionen in die Sowjetbürokratie zu haben und zu schüren. Im Falle
Polens 1981 traten beide Gruppen für die militärische
Unterstützung derjenigen Maßnahmen der Stalinisten ein, die sich
gegen die kapitalistischen Restaurateure in Solidarnosc richteten. Dabei
verwechseln wir nicht die Verteidigung proletarischer Eigentumsformen mit einer
politischen Unterstützung der Stalinisten und übernehmen daher keine
Verantwortung für deren Politik. Notwendig war vielmehr der Aufbau einer
revolutionären Partei, die für den Sturz der Stalinisten durch
proletarisch-politische Revolution eintritt. Der Sieg Jelzins über die
Putschisten des Notstandskomitees markierte im August 1991 das Ende des
sowjetischen degenerierten Arbeiterstaates. Die Auflösung der UdSSR und
ihrer Planungsbehörde, die Einführung der Marktwirtschaft, die
Privatisierung von Industrie und Landwirtschaft waren die logische Folge des
politischen und militärischen Sieges von Formationen, die der
Einführung und Durchsetzung kapitalistischer Eigentumsverhältnisse
verpflichtet waren. Gegen diesen Sieg der kapitalistischen Konterrevolution
mussten Trotzkisten den Putschisten militärische Unterstützung
gewähren.
Erst Klarheit, dann Einheit Einen wichtigen Teil der
Diskussionen nahm zu Beginn die Kritik der Gruppe Spartakus an der Spartakist
Arbeiterpartei Deutschlands ein. Die Genossen der Gruppe Leo Trotzki lehnten
Auftreten und Organisationsmethoden der SpAD von vornherein ab und waren an
einer darüber hinaus gehenden Kritik der SpAD-Politik besonders
interessiert. Im Mittelpunkt stand dabei die DDR-Intervention ab 1989 der SpAD
bzw. ihrer Vorläufer. Diese zeichnete sich durch die wirklichkeitsfremde
Annahme einer sich angeblich aktuell vollziehenden, politischen proletarischen
Revolution einerseits und eine opportunistische Anbiederung an die SED bzw. PDS
andererseits aus (eine ausführliche Kritik siehe Trotzkistisches Bulletin
Nr. 1 "Die SpAD in der DDR: Opportunismus in revolutionärer Verkleidung").
Aber auch aktuelle Abweichungen der SpAD und ihrer Dachorganisa-tion
Internationale Kommunistische Liga wurden diskutiert:
Insbesondere deren explizite Weigerung, angesichts des
imperialistischen Überfalls auf Afghanistan die Niederlage der
Imperialisten zu propagieren. Dieser Opportunismus stand in klarem Kontrast zu
der prinzipienfesten Position von Gruppe Leo Trotzki und Gruppe Spartakus.
In offenen Diskussionen wurden auch die strittigen politischen Fragen
geklärt - von denen besonders zwei erwähnenswert sind.
NATO, UCK und "Unabhängiges Kosova" Beide Gruppen
stimmten zunächst überein, dass sich die UCK kurz nach Beginn des
NATO-Bombardements der NATO militärisch unterordnete. Die Gruppe Leo
Trotzki hielt aber im Unterschied zu den Genossen der Gruppe Spartakus
zunächst an dem Ruf nach Unabhängigkeit als unmittelbarer Losung fest
- mit der Begründung, dass die intervenierenden Imperialisten bei der
Konferenz in Rambouillet selbst ihr Diktat gegen die Unabhängigkeit des
Kosova verkündet hätten. Schließlich kamen wir darin
überein, dass der Ruf nach Unabhängigkeit als unmittelbare Forderung
bedeutet hätte, für den unmittelbaren Rückzug der serbischen
Truppen aus dem Kosova zu kämpfen. Dies wiederum hätte in Abwesenheit
irgendeiner Fraktion der kosova-albanischen Nationalbewegung, die gegen den
Imperialismus kämpft, schlicht und ergreifend bedeutet, den Boden für
die imperialistische Besatzung frei zu räumen. Damit hätten
Kommunisten nicht nur die Verteidigung Jugoslawiens gegen den Imperialismus,
sondern auch das Selbstbestimmungsrecht des Kosova verraten. Die Verteidigung
des Rechts auf Selbstbestimmung - besonders durch serbische Kommunisten und
Arbeiter - wäre wichtig gewesen, um die albanischen Massen zu erreichen
und zu gewinnen. Aber es war unzulässig, darüber hinaus zu gehen,
indem man unmittelbar die Unabhängigkeit forderte, nachdem sich die einzig
sichtbare Führung der kosova-albanischen Nationalbewegung, die UCK, der
NATO nicht nur politisch sondern direkt militärisch untergeordnet hatte.
Unsere Verteidigung Serbiens gegen den Imperialismus verneint natürlich
nicht das Recht der albanischen (wie jeder anderen) Nationalität auf
Selbstverteidigung gegenüber "ethnischen Säuberungen", Pogromen etc..
Immigration, Offene Grenzen und nationales
Selbstbestimmungsrecht In der programmatischen Deklaration der BT "Für den Trotzkismus!" wurde
folgende Passage aus dem Kapitel "Immigration/Emigration" diskutiert:
"Leninisten
unterstützen das demokratische Recht aller Menschen, in jedes Land dieser
Welt zu emigrieren. Wie bei anderen demokratischen Rechten ist dies jedoch kein
kategorischer Imperativ. Wir sind nicht für die Emigration von Leuten, die
z.B. die militärische Sicherheit der degenerierten oder deformierten
Arbeiterstaaten bedrohen. Das Recht der individuellen Immigration kann, wenn es
im großen Maßstab wahrgenommen wird, mit dem Selbstbestimmungsrecht
einer kleinen Nation kollidieren. Deshalb verwenden Trotzkisten den Aufruf
für "offene Grenzen" nicht als generelle programmatische Forderung. In den
30er und 40er Jahren in Palästina z.B. legte der massive Zustrom infolge
der zionistischen Immigration die Basis für die gewaltsame Vertreibung der
Palästinenser von ihrem eigenen Land." Die Genossen der
Gruppe Leo Trotzki vertraten die Position, dass die jüdische Immigration
auf der Flucht vor Massenvernichtung nach Palästina in den 30er und 40er
Jahren dem gegenüber gerade ein Beispiel zugunsten der Forderung von
offenen Grenzen ist. In diesem Zusammenhang unterschieden sie deutlich zwischen
einer generellen Politik der "Offenen Grenzen" als utopischer politischer
Strategie und besonderen Fällen, in denen die Forderung nach offenen
Grenzen gleichbedeutend mit der Losung "Keine Einwanderungsbeschränkungen"
sei - wie z.B. der Ruf der amerikanischen SWP nach offenen Grenzen für die
von den Nazis verfolgten europäischen Juden. Die Genossen beider
Gruppen stimmten darin überein, dass sie alle bürgerlichen und alle
rassistischen oder diskriminierenden Einwanderungsbeschränkungen ablehnen.
In der Diskussion klärten sie, dass es ein wesentlicher Unterschied ist,
ob das Recht auf Immigration in Widerspruch zu einem höheren
programmatischen Prinzip (wie der Verteidigung von Arbeiterstaaten) steht oder
ob es in Konflikt mit einem anderen demokratischen Recht gerät. So
könne z. B. das Recht der Juden auf Immigration und das nationale
Selbstbestimmungsrecht der Palästinenser nicht nur unter der britischen
Mandatsherrschaft sondern generell auf kapitalistischer Grundlage und unter
bürgerlicher Führung (Zionisten gegen Mufti oder
palästinensische Nationalisten) miteinander kollidieren. Das bedeute aber
nicht, dass Kommunisten das eine
demokratische Recht dem anderen unterordnen. Sie sind nur nicht so naiv, den
Konflikt unter einen Teppich schöner utopischer Floskeln zu kehren.
Die Genossinnen und Genossen der Gruppe Spartakus hoben zum einen hervor,
dass der trotzkistische Kampf für die Öffnung von Grenzen für
jüdische Flüchtlinge sich hauptsächlich auf große
Länder wie die USA bezog - ein Kampf bei dem die zionistischen
Organisationen sie schmählich im Stich ließen, weil ihnen ihr
nationalistisches Projekt wichtiger als die Rettung von Millionen Juden war.
Darüber hinaus betonte die Gruppe Spartakus, dass der beste Weg zur
Rettung der dennoch nach Palästina fliehenden Juden darin bestand, die
palästinensischen Arbeiter und armen Bauern für ihre Sache zu
gewinnen, d.h. für einen gemeinsamen Kampf gegen den britischen
Imperialismus, der die Immigrationsquoten festlegte. Aber dies wäre nicht
erleichtert worden, indem man einfach die Forderung nach offenen Grenzen
aufstellte, weil sich die Palästinenser angesichts des reaktionären
Einflusses der Zionisten durch die Einwanderung bedroht sahen. Eine solche
Politik wäre unfähig gewesen, die palästinensischen Massen von
ihren reaktionären Führern zu brechen. Durch diese Politik wäre
also für die Juden nichts gewonnen gewesen. Da aber der britische
Imperialismus nicht nur die Einwanderungsbeschränkungen durchsetzte
sondern auch die Palästinenser national unterdrückte, war es
nötig und möglich, dass Revolutionäre eine geschickte Agitation
entwickelten, die beiden demokratischen Rechten Rechnung trug und sie in ein
Programm des gemeinsamen Klassenkampfes integrierte, um so dem möglichen
Konflikt den Boden zu entziehen. Denn nur ein Programm des gemeinsamen
Klassenkampfes gegen den britischen Imperialismus und für die permanente
proletarische Revolution hätte in den 30er Jahren den Weg zur
Verwirklichung beider demokratischer Rechte öffnen können.
Kommunisten sind nicht so pessimistisch, dass sie glauben, die jüdischen
Arbeiter und Bauern könnten ihren bornierten zionistischen Standpunkt bzw.
ihre palästinensischen Klassenbrüder könnten den bornierten
nationalistischen Standpunkt ihrer feudalen und kapitalistischen Herren nicht
überwinden. Kommunisten sind aber so realistisch, dass sie wissen, dass
ohne gemeinsamen Klassenkampf beiden eine Katastrophe droht. Diese Analyse
wurde durch die Geschichte leider bestätigt. Hinter der
bedingungslosen antideutschen Unterstützung des Zionismus ebenso wie
hinter dem Konzept der arabischen Revolution in Palästina steckt ein
historischer Pessimismus gegenüber den Möglichkeiten des gemeinsamen
Klassenkampfes. Sie drehen so nur mit an einer Spirale, die den
Palästinensern Elend und Unterdrückung und den Juden ein bedrohtes
Leben in einem großem Getto bietet, das auf Dauer nur durch
imperialistische Protektion erhalten wird. Diesen mutlosen Konzepten,
deren Perspektiven über die Vorgaben des bürgerlichen Nationalismus
nicht hinausgehen, stellen wir das kühne trotzkistische Programm entgegen,
das die berechtigten nationalen Erwartungen mit einem gemeinsamen Klassenkampf
gegen jede Ausbeutung und Unterdrückung verbindet:
"[...] 3. Die Brücke vom
jüdischen Nationalismus zum Klassenkampf Die Schläge, die
den Juden in einem Land nach dem anderen versetzt werden, haben zu einem
Wiederaufleben der zionistischen Bewegung und der von vielen vorgeschlagenen
nationalen Lösung für die Juden geführt. Was ist unsere Haltung
gegenüber Palästina als einem Heimatland für die Juden? Die
Vierte Internationale hat sich die Unterstützung des Proletariats für
den Kampf unterdrückter Nationalitäten um Selbstbestimmung auf ihr
Banner geschrieben. Aber die internationale Zerstreuung der Juden schafft ein
besonders Problem, das es in dieser Form für keine andere
Nationalität gibt. Palästina ist ein Land, dass bereits von einem
einheimischen Volk, den Arabern, bewohnt wird. Palästina, als Teil der
kapitalistischen Welt betrachtet, kann nichts anderes sein, als der Spielball
des Imperialismus, in der gegenwärtigen Zeit insbesondere des britischen
Imperialismus. Die Geschichte Palästinas in der Generation seit dem Krieg
war genau die gleiche Geschichte der Klassenausbeutung, wie in allen
kapitalistischen Ländern. Die Arbeiter in Palästina haben alle
Übel des Kapitalismus zu erleiden gehabt. Wir knicken keineswegs
gegenüber dem jüdischen Nationalismus ein und betonen folglich all
diese Tatsachen. Aber wir müssen versuchen, eine Brücke zu bauen
zwischen den unterdrückten jüdischen Massen, die zum jüdischen
Nationalismus tendieren und dem Proletariat, insbesondere seiner Vorhut in der
Vierten Internationale. Wir müssen den jüdischen Nationalisten
klarmachen, dass es selbst zur Durchführung ihres Ideals, ihrer
Lösung, notwendig ist, zuerst die Welt des Kapitalismus zu beseitigen. Die
Lösung der nationalen jüdischen Frage und der sozialen Frage der
Arbeiterklasse ist eine gemeinsame: die Überwindung des Kapitalismus. Die
Juden sind in einer unlösbaren Sackgasse angelangt, weil der Kapitalismus
in einer Sackgasse angelangt ist. Nur durch den Klassenkampf werden die Juden
einen Weg in die Zukunft finden. In dem wir eine solche Brücke bauen,
können wir Lenins Ziel erreichen, dessen Akzeptanz der Formel von der
Selbstbestimmung neben anderen Dingen ein weiteres Mittel zur Mobilisierung
aller Unterdrückter Seite an Seite mit den Arbeitern gegen den das
kapitalistische System bedeutete. Nationale Unterdrückung ist nicht die
geringste Form der kapitalistischen Unterdrückung. 4. Der Kampf
für eine uneingeschränkte Einwanderung Angesichts der schrecklichen
Not der Juden muss es ein spezieller Punkt im Programm der verschiedenen
Sektionen der Vierten Internationale sein, gegen alle Einschränkungen der
Immigration, speziell der jüdischen Immigration zu kämpfen. In den
USA müssen wir gegen die Errichtung solcher Hindernisse kämpfen, wie
den Zwang, durch das Vorzeigen von Geld oder eidesstattlichen Versicherungen zu
beweisen, dass der Einwanderer keine Belastung für die Allgemeinheit wird.
Ein Teil unseres Einsatzes gegen den Antisemitismus muss die Form eines Kampfes
für ein uneingeschränktes Einwanderungsrecht für
Flüchtlinge und speziell für Juden annehmen. [...]"
(Dokumente der Sitzung des Nationalen Komitees der SWP in New York, 22-25.
April 1938, Thesen zur jüdischen Frage)
Vereinigung Auf der Grundlage dieser politischen
Gemeinsamkeiten nahmen beide Gruppen brüderliche Beziehungen auf. In deren
Verlauf wurde eine gemeinsame politische und taktische Linie zur Intervention
in die Palästinenser-Demonstrationen im Frühjahr 2002 und in die
1.Mai-Demonstrationen entwickelt. Dies ging einher mit einer gemeinsamen
Wahlposition. Gegen die Versuche der DGB-Bürokraten, bei den
Veranstaltungen zum 1. Mai Schröder Schützenhilfe zu leisten, trugen
Gruppe Spartakus und Gruppe Leo Trotzki Plakate mit den gemeinsam
verabschiedeten Losungen: "Krieg, Rassismus, Sozialabbau: Keine Stimme
für SPD und PDS! SPD und PDS regieren für den deutschen
Imperialismus! Feuert die reformistische Gewerkschafts-führung!"
Auf einem gemeinsamen nationalen Treffen der Gruppe Spartakus und der Gruppe
Leo Trotzki wurde die Fusion beider Gruppen zu einer gemeinsamen nationalen
Organisation beschlossen. Diese Organisation ist deutsche Sektion der
Internationalen Bolschewistischen Tendenz. Die politische Grundlage der
Vereinigung sind das Programm und die Publikationen der IBT sowie folgende
Artikel der Gruppe Leo Trotzi (erschienen in ihrer Zeitung "Theorie und Aktion"): "Verteidigt Afghanistan, verteidigt
demokratische Rechte!", "Rivalitäten unter Räubern - eine
Analyse", "Der Krieg nach innen und die
deutsche Antikriegsbewegung" und "Drei
Fragen, drei Antworten". Diese Erfahrung bestärkt die beteiligten
Genossen darin, dass wir trotz widriger Umstände nicht den Glauben daran
verloren, dass eine vernünftige und ehrliche programmatische
Auseinandersetzung im Rahmen der Normen der Arbeiterdemokratie der beste Weg
ist, die Kader zu gewinnen und zu erziehen, welche den Kampf für eine
zukünftige rationale Gesellschaft frei von Ausbeutung und
Unterdrückung führen werden. [nach
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