Ein Schritt vorwärts — zwei zurück

Nachwort

Der vorstehende Artikel ist eine Überarbeitung und Aktualisierung der Gemeinsamen Erklärung von Leninistisch-Trotzkistische Partei/DDR (LTP) und Gruppe IV. Internationale, die wir gemeinsam am 1. Mai in Ost- und Westberlin verkauften. Wir stehen zu dieser programmatischen Erklärung, während die Mehrheit der LTP dieses Kampfprogramm für die DDR, durch ihre Praxis, für sich als nichtig erklärte.

Die DDR befindet sich in der Auflösung und mit ihr die Linke, die, desorientiert, der deutschen imperialistischen Anschlußpolitik nicht standhält. Klassenfremde Elemente, Karrieristen, Leute, die schnell noch ihr Schnäppchen machen wollen, mischen mit. Die Situation schreit nach einer trotzkistischen Alternative, die die Perspektive zum erfolgreichen Abwehrkampf gegen das BRD-Kapital aufzeigt. Der Aufbau einer solchen Partei wird nur möglich sein aufgrund eines Spaltungs- und Fusionsprozesses der vorgeblich revolutionären Linken. Im Kampf für das trotzkistische Programm klärt sich, welche Elemente für diese revolutionäre Partei gewonnen werden können. Die Konfrontation mit der UP und ihre folgende Aufkündigung des Trotzkismus bestätigen unsere Herangehensweise: „Zuerst das Programm“!

Im Folgenden dokumentieren wir unsere Erklärung vom 22.05.1990 zum Abbruch der politischen Beziehungen zur UP.

Werte Mitglieder der LTP,

Ihr habt Euer Mitglied Gunther I. aus Eurer Organisation bürokratisch ausgeschlossen. Der Beschluß wurde mit dem „stalinistischen Verhalten und der Politik des Genossen“ begründet, mit der die Mehrheit nicht einverstanden sei. „Die Politik, die Gunther betreibt ist trotzkistisch-leninistisch, aber praktisch stalinistisch“, lautete ein Zusatzantrag (ebenfalls mit einer Gegenstimme angenommen). Dies ist ein grundsätzlicher Verstoß gegen die leninistische Parteikonzeption, mit der Eure heterogene Gruppe in ihrer Rechtsentwicklung einen klaren Trennungsstrich zu den Revolutionären gezogen hat.

Trotzkisten sind prinzipiell gegen politische Ausschlüsse; solche bürokratischen Vorgehensweisen machen eine demokratische Diskussion in der Partei unmöglich und verhindern somit eine von allen Mitgliedern entwickelte politische Ausrichtung. Minderheitsmeinungen bis hin zum Recht auf Fraktionsbildungen müssen von der Mehrheit toleriert werden; keine administrative Maßnahme darf den Klärungsprozeß in einer bolschewistischen Partei behindern.

Einen Disziplinbruch (der einzige Fall, der einen Ausschluß rechtfertigen könnte) habt Ihr Gunther nicht vorwerfen können. Denn schließlich war es dieser Genosse, der führend für Eure Seite an der Ausarbeitung der Gemeinsamen Erklärung beteiligt war und ihre Publizierung am l. Mai sicherte — im Gegensatz z.B. zu Eurem Druckverantwortlichen Dieter B., der die Herausgabe organisatorisch versuchte zu torpedieren, nachdem er sie politisch nicht hatte verhindern können.

Eure Weigerung, diesen Beschluß zurückzunehmen widerspricht nicht nur unserer Gemeinsamen Erklärung, in der wir uns für eine demokratisch-zentralistische trotzkistische Tendenz aussprachen; darüberhinaus habt Ihr damit demonstriert, daß Euch Eure eigenen Statuten einen feuchten Dreck interessieren („In der Partei gilt der Grundsatz: Es gibt keine politischen Ausschlußgründe vom ZK“ aus Grundsätze zum Parteiaufbau der SpAD/Leninisten). Zudem fallt Ihr hinter Eure eigene Fraktionserklärung in der SpAD zurück, als Ihr gegen die IKL-Führung schriebt: „In einer leninistisch egalitären Partei ist eine kollektive Diskussion und Entscheidungsfindung lebensnotwendig! Es muß grundsätzlich gelten: Völlige Freiheit der Kritik, völlige Einheit in der Aktion“ (Fraktionspapier vom 04.03.1990).

Das Bekenntnis für Arbeiterdemokratie gegen das bürokratische Robertson-Regime, Euer berechtigtes späteres Auftreten gegen die IKL-Verleumdungen waren Euer alleiniges Verbindungsglied zum Trotzkismus. Dies ist ein Resultat der korrupten Politik der IKL-Führung, die die IS-Sekretärin Brosius umschrieb mit: „Erst einmal rekrutieren, später zum Trotzkismus hinbiegen“. Erst nach dem Austritt aus der SpAD konnte die Diskussion über das revolutionäre Programm auf Initiative der Gruppe IV. Internationale einsetzen, beginnend bei den einfachsten Grundsätzen des Trotzkismus. Und erst jetzt trennte sich die Spreu vom Weizen.

Zwei Konzeptionen standen sich immer schärfer in der SpAD/L bzw. LTP gegenüber: zum einen kommunaler „Massenwahlkampf“, „Zeitung der Werktätigen“ (als Massenpropagandainstrument, angepaßt an die rückständigsten Teile der DDR-Arbeiterklasse) sowie der Aufbau eines von der Partei unabhängigen kleinkapitalistischen Verlages, der Parteimitgliedern die Existenz sichern sollte. Auf der anderen Seite der Kampf um eine trotzkistische kämpfende Propagandagruppe, Erarbeitung eines klaren internationalistischen programmatischen Verständnisses, Schulungen, Umgruppierungstaktik um als Teil der Arbeiterklasse in die stattfindenden Defensivkämpfe einzugreifen. Der unabhängige Geschäftsführer des Verlages, Dieter B., unfähig politisch der trotzkistischen Herausforderung zu antworten, sah zunehmend seine Felle davonschwimmen (wie man hört, geht es um jede Menge Parteigelder). Als Präventivmaßnahme initiierte er den politischen Ausschluß; die Mehrheit stimmte zu.

Die LTP hat also dem Druck der imperialistischen Anschlußpolitik nicht standgehalten — Prinzipien der Revolution wurden verkauft für ein schnödes kleinkapitalistisches Projekt. Die Gruppe IV. Internationale bricht deshalb jegliche Beziehungen zur LTP ab: Unsere Gemeinsame Erklärung wird nicht weiter vertrieben. Solltet Ihr dennoch die Dreistigkeit besitzen, dieses Dokument und unseren Namen als Aushängeschild für Eure kleinbürgerliche Politik zu benutzen, werden wir politisch darauf zu reagieren wissen.

H. K.

für die Gruppe IV. Internationale