Internationale Bolschewistische Tendenz (IBT) — Deutscher Imperialismus weiter auf dem Vormarsch In: Bolschewik 16 (2007) Nr. 24., S. 32+24-26. — Version: 2023-04-10. — Geladen: 2024-03-29
URL: http:// bolshevik.org/deutsch/bolschewik/ibt_bol24_2007-05.html

Deutscher Imperialismus weiter auf dem Vormarsch

Mit der Entsendung von deutschen Soldaten in den Libanon, und dem Kongo, der Ausweitung des Einsatzes in Afghanistan, sowie der Bestätigung weiterer Einsätze in Afrika und auf dem Balkan, ist der deutsche Imperialismus weiter auf dem Vormarsch. Durch den Libanon-Einsatz steigt die Zahl der deutschen Soldaten im Ausland auf über 10.000, verteilt auf zehn Schauplätze.

Deutschland rüstet weiter auf

Nur logisch ist daher die permanente Diskussion über die Aus- und Aufrüstung der Bundeswehr. Merkel, die Kanzlerin des deutschen Imperialismus macht klar, dass der derzeitige Wehretat (1,4 % des Bruttoinlandsproduktes) nicht ausreicht, "um die politische Dimension der Verantwortung Deutschlands mit der militärisch notwendigen zusammenzubringen" (web.de, 20.09.2006).

2007 wird der Etat des Verteidigungsministerium um weitere 400 Millionen Euro aufgestockt. Damit werden die aktuellen Auslandseinsätze bezahlt. Bis 2009 gibt es noch einmal eine Aufstockung um ungefähr eine Milliarde Euro.

Neue Waffensysteme, die ein schnelles Eingreifen überall auf der Welt für deutsche Interessen ermöglichen, werden angeschafft. Ausserdem wurden Schritte eingeleitet, um die Struktur der Bundeswehr ihren Zielen anzupassen. Die Armee wurde verkleinert, aber dafür von einer defensiven Verteidigungsarmee hin zu einer aggressiven Angriffsarmee umgestaltet. Mit dem Kommando Spezialkräfte (KSK) schuf man eine Eliteeinheit zur Überwältigung der Gegner. Zur Besatzung wurden die "Stabilisierungskräfte" eingeführt, und zur logistischen Unterstützung gibt es nun "Unterstützungskräfte", die an der Heimatfront für den notwendigen Nachschub sorgen.

Lohnraub und Imperialismus

Wirtschaftlich kann der deutsche Imperialismus aus dem Vollen schöpfen. Das angestrebte Ziel, Deutschland für die Konkurrenz des Weltmarktes fit zu machen, funktionierte. Das deutsche Kapital ist Exportweltmeister. Doch das alles findet auf dem Rücken der multinationalen Arbeiterklasse statt.

"Unter den großen Industriestaaten ist Deutschland der einzige, der seinen Weltmarktanteil in den letzten Jahren hat ausbauen können. Der wichtigste Grund: Lohnraub. Während das Produktivitätswachstum auf dem Niveau der wichtigsten Konkurrenten lag, wurden die Lohnstückkosten seit 1999 um zehn Prozent gesenkt. Seit 1995 sind hierzulande die Reallöhne um über ein Prozent zurückgegangen. Zugleich wurden durch die Absenkung der Sozialabgaben auch die sogenannten Arbeitgeberanteile vermindert. Der Abbau von Sozialleistungen setzte sich also ziemlich direkt in gestiegene Profite um."

-- junge Welt, 25.09.06

Politische Offensive

Im Schatten des aggressiven Auftretens der USA, forciert durch die Terroranschläge vom 11. September 2001, vollbrachte Deutschland auf dem politischen Gebiet wichtige Teilerfolge. Zum einen beteiligt man sich am "Krieg gegen den Terror" mit Truppen in Afrika und Afghanistan, aber mit der Absage an den Krieg gegen den Irak, spielte sich der deutsche Imperialismus in die Herzen vieler Regierungen der kolonialen und halbkolonialen Welt, die mehr oder weniger in Konflikt mit den USA stehen. Der Mythos der Friedensmacht EU spielt den Großmachtplänen Deutschlands in die Hände. So war es kein Zufall, dass Deutschland und Frankreich eine diplomatische Initiative starteten, um im Nuklearstreit zwischen dem Iran und den USA zu vermitteln.

Militärische Offensive und künftige Interventionen

Im "Weißbuch zur Sicherheit Deutschlands und zur Zukunft der Bundeswehr - 2006" erklärt die Bundesregierung, um was es geht: "Wie viele andere Länder ist es in hohem Maße von einer gesicherten Rohstoffzufuhr und sicheren Transportwegen in globalem Maßstab abhängig."

Um die Großmachtrolle zu betonen, wird hier zum wiederholten Male ein ständiger Sitz im UN-Sicherheitsrat gefordert. Und es wird offen gelassen, wo demnächst deutsche Soldaten ihre Stiefel hinsetzen: "Deutsche Sicherheitspolitik berücksichtigt langfristig wirkende Rahmenbedingungen ebenso wie sich wandelnde Interessen& Diese sind nicht statisch, sondern abhängig von internationalen Konstellationen und Entwicklungen. Interessen können im Zeitalter der Globalisierung nicht allein geografisch definiert werden."

--ebd.

Die westliche Welt hetzt gegen die Atomwaffenversuche Nordkoreas und der deutsche Imperialismus steht nicht nach:

"Der grundlegende Zweck der nuklearen Streitkräfte der Bündnispartner ist politischer Art: Wahrung des Friedens, Verhinderung von Zwang und jeder Art von Krieg. Das gemeinsame Bekenntnis der Bündnispartner zur Kriegsverhinderung und die glaubwürdige Demonstration von Bündnissolidarität und fairer Lastenteilung erfordern es, dass Deutschland bei der nuklearen Teilhabe einen seiner Rolle im Bündnis und der im Strategischen Konzept von 1999 vereinbarten Grundsätze entsprechenden Beitrag leistet."

--ebd.

Die imperialistischen Mächte treiben die atomare Aufrüstung voran, und jeder Versuch von potentiellen Gegnern, dieser Technik habhaft zu werden, soll durch kriegerische Drohung unterbunden werden. Dem Test einer Atombombe im Oktober 2006 durch Nordkorea folgten wüste Drohungen gegen den deformierten Arbeiterstaat.

Wir sagen ganz klar: Nieder mit den Kriegsdrohungen gegen Nordkorea! Für die militärische Verteidigung Nordkoreas! Wir geben aber keine politische Unterstützung für die skurrile stalinistische Herrschaft in Nordkorea. Wir rufen dazu auf, Nordkorea mit einer politischen Revolution der Arbeiterklasse vom Joch der stalinistischen Unterdrückung zu befreien, und somit den Weg frei zu machen, für eine revolutionäre Wiedervereinigung mit Südkorea.

Einsatz im Libanon

Mit der Entsendung von 2.400 deutschen Soldaten - in einer 15.000 Mann umfassenden UNO-Truppe - in den Südlibanon, greift Deutschland zum ersten Mal seit 1945 aktiv in den Nahen Osten ein. Die deutsche Regierung stand im jüngsten Konflikt zwischen Israel und der Hisbollah uneingeschränkt auf der Seite der zionistischen Unterdrücker.

Eine Aufgabe der deutschen Truppen ist die Überwachung der Küste, um Waffenlieferungen an die Hisbollah zu unterbinden. Bemerkenswerterweise wurde im gleichen Zeitraum bekannt, dass Deutschland hochmoderne U-Boote an Israel verkauft. Der Einsatz der deutschen Marine bedeutet auch einen Verlust libanesischer Souveranität an der Küste, während die einzige Vorbedingung für Israel, formuliert in der UNO-Resolution 1701, der Abzug aus dem Libanon war. Hier wird klar, dass die UNO-Friedensmission keine neutrale Funktion hat. Sie ist pro-Israel, was das heftige Eintreten der israelischen Regierung für eine deutsche Beteiligung an der UNO-Truppe erklärt. Der Südlibanon wird in ein imperialistisches UN-Protektorat umgewandelt, und die einzige Kraft vor Ort, die Widerstand dagegen leisten könnte, soll beseitigt werden.

Israel verfehlte das Kriegsziel, die Hisbollah zu zerschlagen, um Längen. Ungefähr 1.000 tote Zivilisten auf libanesischer Seite, sowie die extreme Zerstörung von Wohnraum und Infrastruktur sind die eine Seite der Medaille; auf der anderen Seite hat die arabische Welt neue Helden. Mit 43 Tagen militärischen Widerstands gegen die israelische Armee, waren die shiitischen-islamischen-Guerillas, die eigentlich nur im Süden Libanons über eine nennenswerte Zahl von Anhängern verfügten, die erfolgreichste Armee, seitdem Israel in militärische Konflikte verwickelt wurde. Auch ist die Hisbollah, weit davon entfernt besiegt zu sein, aktiv am Wiederaufbau des Südlibanons beteiligt. Darüber hinaus gibt es Berichte, dass deren Wiederbewaffnung geklappt hat.

Vom Wiederaufbau des Libanons profitiert auch deutsches Kapital. Deutsche Firmen bauen die zerstörte Infrastruktur wieder auf, und kriegen so ihren Teil der Wiederaufbauhilfe. Vor allem arabische Staaten finanzieren diese Projekte.

Linkspartei.PDS: Für einen alternativen Imperialismus

Die Bundestagsfraktion der Linkspartei.PDS lehnt die Truppenentsendung der Bundeswehr ab. So weit so gut. Doch hinter der Ablehnung verbirgt sich eine unfassbare Politik der imperialistischen Anpassung. Im Appell der Europäischen Linken an die Staatschefs in Europa von Anfang August 2006 wird gefordert:

"- die Einrichtung einer von der UNO kontrollierten Pufferzone zwischen Israel und Libanon, den Einsatz einer internationalen Friedenstruppe mit UNO-Mandat als Teil einer politischen Konfliktlösung, die von allen Beteiligten akzeptiert wird;

- den unverzüglichen Stopp sämtlicher Waffenlieferungen in die Region durch alle Staaten."

-- Pressemitteilung der Linkspartei, 04.August 2006

Die Pufferzone ist ein imperialistisches Protektorat, die UNO-Truppen stehen für keine politische Lösung, und die Akzeptanz Libanons wurde erpresst. Hinter der Forderung nach einem Waffenembargo steckt die implizite Forderung nach der Zerschlagung der Hisbollah. Zwar dementiert der Appell dies später, bemerkt aber den Widerspruch nicht. Würde die Hisbollah auf ein weiteres Aufrüsten ihrer Soldaten verzichten, wäre das gleichbedeutend mit Selbstmord.

Marxisten stehen militärisch gegen die zionistische Besatzung auf der Seite der Hisbollah, geben aber keine politische Unterstützung für deren reaktionäres, islamistisches Programm und die Aktionen gegen die israelische Zivilbevölkerung.

Der Sprecher der Linksfraktion für internationale Beziehungen im Bundestag, Gehrcke, bemerkt weiter:

"Die Fraktion Die Linke. lehnt die Entsendung deutscher Soldaten in den Nahen Osten ab. Stattdessen hat sie vorgeschlagen, deutsche Initiativen für eine politische Lösung des Nahostkonfliktes zu ergreifen, beispielsweise eine Konferenz für Sicherheit und Zusammenarbeit im Nahen Osten, die in Berlin stattfinden könnte."

-- junge Welt, 28. August 2006

Auch die Linkspartei.PDS weiß es zu schätzen, dass Deutschland wieder in das weltpolitische Geschehen eingreift. Sie wittert auch sofort, dass die Einflussnahme noch gestärkt werden könnte, würde Berlin, unter Führung der "demokratischen Sozialisten", in einem Friedensprozess federführend wirken.

Nieder mit dem deutschen Imperialismus!

Es gibt keinen friedlichen Imperialismus. Kriege sind notwendiger Bestandteil des kapitalistischen Systems, und nicht der böse Wille einzelner Regierungsmitglieder.

Eine Orientierung auf Streiks als Mittel gegen den Krieg steht im direkten Widerspruch zur vom Pazifismus dominierten Linken und Arbeiterbewegung. Die weltweiten sehr großen Mobilisierungen seit dem "Krieg gegen den Terror" haben keine Kriege gestoppt. Der militärische Widerstand in Afghanistan oder Irak bereitet den imperialistischen Mächten mehr Kopfschmerzen.

Gefährlich sind Illusionen in eine klassenübergreifende Anti-Kriegsbewegung. Linksruck teilt die Positionen der britischen Schwesterorganisation SWP, die die "Stop the War Coalition" aufbaute. Diese Volksfront gegen den Krieg, die beeindruckende Mobilisierungen hinter sich hat, aber eine eigenständige Rolle der Arbeiterklasse im Kampf gegen den imperialistischen Krieg ablehnt, verbreitet - wie Linksruck - Illusionen in eine klassenübergreifende Bewegung auf der ganzen Welt. So schreibt Linksruck im September 2006:

"Zehntausende haben in ganz Ägypten gegen Israels Krieg in Libanon und Palästina demonstriert - und gegen die Diktatur des ägyptischen Präsidenten Mubarak&Aufgerufen hatten die ägyptische Demokratiebewegung Kiyafa!' (Es reicht!') und die Muslimische Bruderschaft&Dort [in Kiyafa!] arbeiten Liberale, Linke und gläubige Muslime für den Sturz Mubaraks und echte Demokratie."

- Linksruck, Nr. 222

Linksruck verschliesst weiterhin die Augen und weigert sich, aus der Vergangenheit zu lernen. Der Iran ist ein Paradebeispiel dafür, wie 1979 eine breite Volksfrontbewegung von Linken, Gewerkschafter und bürgerlich Liberalen mit gläubigen Muslimen eine "echte Demokratie" erkämpften. Das Beispiel belegt aber auch die Abschlachtung der Linken, der organisierten Arbeiter und die Abschaffung liberaler Grundrechte, nachdem die gläubigen Muslime um Khomeini den Schah besiegt hatten. Dies war ein Sieg, den die internationale Strömung, der Linksruck angehört, begrüßt hatte. - Dessen Folgen wurden jedoch nie von ihr mit ihrer Unterstützung für Khomeini in Verbindung gebracht.

Die multinationale Arbeiterklasse hat eine zentrale Bedeutung, um den deutschen Imperialismus zu stoppen.

Ein Streik gegen Waffen- und Truppentransporte ist bedeutend einflussreicher als ohnmächtige pazifistische Friedensdemonstrationen.

Wir dokumentieren nun die Stellungnahme der IBT zum Krieg zwischen der Hisbollah und Israel.